Jochen Knoblach
BERLIN. Klaus Baumann, der Oberbürgermeister der sächsischen Motorradstadt Zschopau, kann zufrieden sein. Hatte er zu Jahresende noch geklagt, dass keiner der MZ-Chefs je wirklich Ahnung von Motorrädern hatte, so stehen nun zwei gestandene Zweirad-Experten auf der Startposition. Die ehemaligen Grand-Prix-Piloten Martin Wimmer und Ralf Waldmann wollen MZ kaufen und aus dem Wachkoma ins Leben zurückholen.
Denn in Hohndorf bei Zschopau geht seit Dezember nichts mehr. Nachdem der malaysische Eigner Hong Leong im Sommer den Verkauf der sächsischen Traditionsmarke angekündigt, die Finanzkrise jedoch die Interessenten-Liste dezimiert hatte, schloss der Betrieb zum Jahresende. Damit war der Motorradbau in Zschopau nach 86 Jahren beendet. Zum Schluss arbeiteten noch 30 Leute bei MZ. Jetzt sichert nur noch ein halbes Dutzend Mitarbeiter die Ersatzteilversorgung.
Doch dabei soll es nicht bleiben. 25 neue Arbeitsplätze verspricht das Rennfahrer-Duo. Seit November vergangenen Jahres sind der 51-jährige Wimmer und der 42-jährige Waldmann mit dem malaysischen Mischkonzern, mit Banken und dem sächsischen Wirtschaftsministerium im Gespräch. Jetzt, so Martin Wimmer, sei der Kaufvertrag "unter Dach und Fach. Jetzt geht es los"!
1 000er wird nicht wiederbelebt
Das Konzept sieht vor, dass der MZ-eigene Achtelliter-Motor der 125er Maschine, der als der modernste Einzylinder in dieser Klasse gilt, weitergebaut wird. Im Gegensatz zur aufwändig entwickelten 1 000er MZ wollen Wimmer und Waldmann auch die 125er MZ-Morrräder in Zschopau montieren lassen. Die Teile sollen aus dem Ausland zugeliefert werden. So könnten in diesem Jahr noch 500 Motorräder in Zschopau gefertigt werden. Im Jahr 2011 sollen es 2 000 Maschinen sein. Das wäre zwar nur ein Bruchteil der 92 000 Motorräder, die in besten Zeiten in Zschopau entstanden, doch MZ würde leben.
"Ich will MZ wieder dorthin bringen, wo die Marke einmal stand", sagt der vierfache Deutsche Meister. Weltweit sollen die Motorräder angeboten werden. MZ will er als zweite deutsche Motorradmarke neben BMW etablieren. Dennoch werden Motorräder zunächst nicht das Fundament des Geschäftsmodells sein, sondern Roller der 50- bis 125-Kubikzentimeter-Klasse. Wimmer und Waldmann wollen sie aus China importieren und dann mit einigen Veränderungen unter dem Label MZ in Europa vermarkten. 3 700 Roller könnten so noch in diesem Jahr verkauft werden, das Dreieinhalbfache in zwei Jahren.
Laut Wimmer seien Vorverträge über die Lieferungen der Roller bereits abgeschlossen, wofür der Münchener seine exzellenten Kontakte nach China nutzte. Vier Jahre hat der Ex-Rennfahrer dort gelebt und gearbeitet, war technischer Leiter eines deutschen Heimwerker- und Gartengeräte-Herstellers. Der reine Roller-Import soll dem Konzept zufolge allerdings nur eine Überbrückungslösung sein. Parallel würde dann in Zschopau ein Hybridroller entwickelt werden, sagt Martin Wimmer, selbst Inhaber einiger Fahrwerks-Patente.
In Zschopau findet sich indes auch Skepsis. "Chinesische Roller gibt es in jedem Baumarkt", sagt Steffen Dögnitz, der letzte Betriebsratschef von MZ. Zudem befürchtet er, dass der Markenname MZ auf diesem Wege geschliffen wird und am Ende vielleicht an die Chinesen verscherbelt werden könnte.
Unsinn, sagen die schnellen Geschäftsleute. Sie wollen Motorräder bauen, wofür allerdings bis Donnerstag die Finanzierung noch unklar war. Die würde jetzt stehen, sagt Martin Wimmer. Allerdings gibt es noch einen zweiten, namentlich nicht bekannten Interessenten. Dieser soll vor allem an der Motorenproduktion interessiert sein, der Motorradbau dagegen nur am Rande laufen. Bei MZ war dazu keine Stellungnahme zu erhalten. Die Geschäftsführung sei für einige Tagen nicht im Hause, hieß es.
Oberbürgermeister Klaus Baumann kennt beide Konzepte und hält sie für tragfähig. Vor allem ist er froh, dass neue Arbeitsplätze in Aussicht gestellt werden. Das sei das Wichtigste, aber Motorräder sollten auch wieder gebaut werden. "Das ist Tradition in unserer Stadt." Früher hat Baumann auch mal bei MZ gearbeitet.
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Tradition und Zukunft
In Zschopau wurden bereits 1922 die ersten Motorräder produziert, damals unter dem Markennamen DKW. 1929 war das Motorradwerk das größte auf der Welt.
Das Motorradwerk Zschopau, kurz: MZ, wurde 1956 gegründet und existierte als Volkseigener Betrieb bis 1990. Zeitweise waren dort 3 200 Mitarbeiter beschäftigt. Im Rekordjahr 1975 entstanden 92 000 Motorräder.
Im Jahr 1990 wurde MZ privatisiert und sechs Jahr später von dem malayischen Mischkonzern Hong Leong übernommen, der die Marke jedoch nie in die Gewinnzone bringen konnte. Im letzten Jahr sollen nur noch 500 Maschinen gebaut worden sein.
Die Ex-Rennfahrer Marin Wimmer (51) und Ralf Waldmann (42) wollen nun die Motorrad-Produktion wiederbeleben.
Link: http://www.berlinonline.de/berliner-zei ... index.html
Gestern stand noch ein Artikel: MZ-Eigner hoffen auf Bürgschaften.
Leider war er online noch nicht zu finden. Als Bild hier unten (Pdf-Dateien gehen hier ja leider nicht als Anhang)
