Kunde kommt , Bremsbeläge hinten runter , kein Drama .
Also neue Beläge bestellt , dann wollte ich den Kolben im Bremssattel bei eingebauten , alten Belägen vorsichtig zurück drücken , damit man die Beläge entnehmen kann ( ansonsten muss das Hinterrad raus , weil die Bremsscheibe im Weg ist und der Sattel anders nicht abgenommen werden kann ) . Der Kolben ließ sich aber nicht zurückdrücken . Gut , die Beläge waren komplett runter , da kann durchaus der Kolben beim zurückdrücken verkanten . Also Hinterrad raus . Beläge entfernt , dann vorsichtig ein mal auf die Bremse getreten , damit sich der Kolben wieder löst . Man sah , wie sich der Kolben minimal raus bewegte und beim Entlasten der Bremse auch wieder minimal zurück ging , also alles gut . Denkste ....
Rücksteller auf den Kolben gesetzt , aber der ging dann nicht weiter in den Bremssattel sein , keinen mm .
Hmmm ...
Also kurzerhand die Entlüfterschraube geöffnet , dann konnte man den Kolben problemlos zurückdrücken . Gut , erstmal . Also neue Beläge rein , Sattel wieder eingebaut .
Bremse auf Druck gepumpt , das ging auch , ebenfalls das leichte Zurückstellen des Kolbens bei Loslassen der Bremse , also Hinterrad nach Bremsvorgang wieder frei .
Dann habe ich mir gedacht : Mach mal sicherheitshalber noch die Flüssigkeit neu ( erneuern UND entlüften , denn der Kunde hatte schon die Leitung am HBZ versucht zu lösen ) .
Also Flüssigkeit erneuert ( Unterdruckentlüfter am Bremssattel ) . Was mich dabei wunderte war die Tatsache , dass die Flüssigkeit recht langsam durchfloss . Also mal manuell entlüftet , dabei wurde beim Betätigen des Pedals genau die Menge Flüssigkeit in den Entlüfter gedrückt wie beim Entlasten wieder in den Entlüfter zurückfließt ... Komisch ...
Jetzt nochmal den Bremskolben zurück gedrückt ..Aha , geht ! Nochmal auf Druck , nochmal zurück , ging wieder , also alles OK . Da die Flüssigkeit schwarz war , ging ich von einer Verschmutzung aus , die das Blockieren des Kolbens verursacht hat .
Probefahrt , Beläge etwas eingebremst , ABS funktionierte , Hinterrad war auch immer noch freigängig .
Kunde informiert , auch über die Probleme beim Zurückdrücken des Kolbens gesprochen ( die ganze Sache war halt nicht eine Sache von 10 Minuten wie veranschlagt , sondern 1 1/2 h , sowas sollte auch erklärt werden ) . Kunde holt Fahrzeug ab ( Freitags ) .
Montags morgen steht das Fahrzeug wieder auf dem Hof . Komisch . Mal geschaut , Bremse gedrückt , kein Druck . Mist !
Auf die andere Seite gegangen , Bremse angeschaut . Neue Beläge komplett runtergebrannt , Kolben im Bremssattel geschmolzen . SO ein Mist , wie geht denn das ???
Kunde ruft an , erklärt , er wäre ganz normal losgefahren , nach 5km auf die Autobahn und nach 40km in Köln wäre dann keine Bremsleistung mehr hinten da gewesen . Wie man allerdings mit einer festsitzenden Bremse 40km fahren kann ohne es zu merken , verstehe ich bis heute nicht .
Also Fehlersuche . Sattel ist hinüber , der muss so oder so neu . Aber wo liegt der Fehler ?
Ich habe dann einfach einen anderen Bremssattel ( 50er , zum Ausprobieren extern angehangen ) angebaut und das System erneut entlüftet . Jetzt konnte man wieder den Kolben nicht mehr zurückdrücken , also genau so , wie es am Anfang war !
Gut , Flüssigkeit fließt in Richtung Bremssattel , wenn auch langsam . Das kann verschiedne Ursachen haben :
- Kolben im HBZ verschließt die Nachlaufbohrung im entlasteten Zustand zum Teil , hierdurch geringerer Durchlass .
- Leitung zugequollen , verringert auch den Durchlass .
- Fehler im ABS-Modul ? Hoffentlich nicht , schei...teuer und bei den gelaufenen 85000km und dem Zustand des Fahrzeug ein Totalschaden .
Nur : Wenn man die Bremse loslässt , geht die Flüssigkeit im Entlüfterschlauch wieder zurück , also fließt die Flüssigkeit auch in die andere Richtung und die Bremse wird wieder entlastet , oder ?
Damit wäre ja zumindest die Sache mit der Leitung ausgeschlossen , wenn man nicht einen extrafiesen Fehler hat , der die Leitung verschließt , wenn man DRUCK durch den Bremskolben aufbaut , aber NICHT verschließt , wenn man UNTERDRUCK durch den zurück gehenden Kolben im HBZ erzeugt ( Flüssigkeiten verhalten sich manchmal recht komisch ... ) ...
Also Leitung ausgebaut ( Geschichte für sich ... ) und von beiden Seiten durchgeblasen , alles OK , auch ein Vergleich vom Durchfluss mit einer anderen Leitung eines Rollers war identisch , insofern konnte ich den Bremsschlauch ziemlich sicher ausschließen .
Dann kommt noch die Bremsleitung ( die Anlage besteht aus Metallleitung vom HBZ zum ABS-Modul , von da Metallleitung zur Schwinge und von da aus Schlauch zum Bremssattel ) , da könnte auch Dreck drin sein und für einen ungewollten Ventileffekt sorgen . Nur , die Leitung ausbauen hätte den zeitlichen Rahmen gesprengt und mit Druckluft durchblasen wollte ich das nicht , weil ich ggf. den ABS-Modulator beschädigen würde oder irgendwelche ungewollten Luftblasen in das System eimbringen würde , die man schwer entlüften kann .
Also : Flüssigkeit fließt in beider Richtungen , Kolben im Bremssattel ist freigängig , lässt sich aber trotzdem außer dem Lüftspiel beim Entlasten der Bremse nicht weiter zurückdrücken . Schlauch OK , Leitung hoffentlich auch .
Sperrt vielleicht der ABS-Modulator ? Gue Frage , zerlegen ist nicht und auf eine Mutmaßung hin erneuern ist zu teuer .
Also den Kunden unformiert , dass ich hier die preiswerteste Variante wählen würde , gebrauchten Bremssattel und gebrauchten HBZ im www bestellt . Wenn es damit klappt , wäre das preislich noch im Rahmen ( den Einbau mache ich kostenfrei , das hat mich an der Ehre gepackt , auch wenn der Fehler bei Abgabe des Fahrzeugs nicht ( mehr ) vorhanden war ) .
HBZ kommt , eingebaut und siehe da : Wenn man jetzt entlüftet , geht deutlich mehr Flüssigkeit beim Betätigen des Bremse aus dem Schlauch als wenn man die Bremse entlastet . Auch die Flussgeschwindigkeit der Flüssigkeit war deutlich höher . Und : Man konnte problemlos den Kolben am Rollerbremssattel zurückdrücken .
Fehler gefunden !
Heute noch den anderen Bremssattel eingebaut und auch hier deutlich schnelleres Fließen der Flüssigkeit und Zurückrücken des Kolbens im HBZ selbst im eingebauten Zustand möglich !
Was war passiert ?
Ich hätte schon am Anfang drauf kommen können , als der Kolben nicht zurück ging , denn da sah man beim Entlüften , dass genau die Flüssigkeit , die aus dem Ventil fließt , wieder zurück geht , wenn man die Bremse entlastet .
Der Kolben im HBZ drückt also beim Bremsen die Flüssigkeit raus und beim Entlasten zieht er sie zurück , allerdings im intakten Zustand nur zu Teil , denn irgendwann kommt der Kolben im HBZ an der Ausgleichsbohrung im HBZ vorbei und JETZT gibt es einen Druckausgleich , der dazu führt , dass KEINE Flüssigkeit mehr zurück gezogen wird . Jetzt geht der Kolben im HBZ noch ein Stückchen weiter zurück und durch die Trägheit der Flüssigkeit im Bremsschlauch erzeugt man hierdurch einen leichten Unterdruck und saugt damit neue Flüssigkeit aus dem Ausgleichsbehälter in die Leitung . Das ist auch das Prinzip beim manuellen Entüften via Betätigen des Bremshebels .
Bei dem defekten HBZ hier ist jetzt folgendes passiert : Der Kolben ging beim Belasten brav raus und drückte die Flüssigkeit aus dem Entlüfterschlauch . Beim Entlasten ging der Kolben zuerst zurück ( was man auch am Zurückgehen des Kolbens im Bremssattel sah , es wird ja ein Unterdruck erzeugt ) . Aber er ist nicht ganz in die Ausgangsstellung zurück gegangen , wodurch die Flüssigkeit halt komplett aus dem Entlüfterschlauch zurück gezogen wurde , es konnte (annähernd ) nichts nachlaufen .
Schloss man jetzt die Entlüfterschraube bei betätiger Bremse und lässt dann das Bremspedal los , erzeugte der zurück gehende Kolben im HBZ einen Unterdruck , der geringfügig größer war als bei offener Entlüfterschraube und dann floss wohl MINIMAL Flüssigkeit aus dem Ausgleichsbehälter in die Leitung nach ( verursacht durch eine leichte Verformung der Dichtmanschette auf dem Kolben des HBZ ) .
Aber : Auch hier ist die Richtung , in die die Flüssigkeit fließt , auch davon abhängig ( was eine Bewegung angeht ) , ob man die Flüssigkeit von der einen Seite eindrückt ODER von der anderen Seite rauszieht .
In diesem defekten System war es jetzt so , dass durch Betätigen der Bremse zwar Druck aufgebaut wurde , aber beim Entlasten der Bremse ein zu geringer Druckausgleich stattfand , was einen Teufelskreislauf startet .
Der Kolben stellt zwar zurück , wenn man die Bremse entlastet ( Unterdruck durch den Kolben im HBZ ) , aber vielleicht 1/100mm zu wenig , optisch kaum festzustellen . Dadurch liegen die Beläge minimal zu sehr an und erhitzen . Dadurch erhitzt sich die Flüssigkeit und dehnt sich aus , DRÜCKT also auf den Kolben im HBZ ( und den im Bremssattel ) , der aber durch den DRUCK und den Defekt an der Manschette keinen Druckausgleich in den Behälter zuließ . Die Flüssigkeit erhitzt sich immer mehr und drückt dabei auch auf den Bremskolben , der wiederum auf den Belag und der verbrennt dann aufgrund von Dauerbelastung .
Dass ich bei der ersten Instandsetzung den Kolben im Bremssattel nach anfänglichem Blockieren und danach erfolgtem Tausch der Flüssigkeit problemlos zurückdrücken konnte , lag wohl schlichtweg daran , dass die verfi.... Manschette am Kolben im HBZ nur MANCHMAL die Ausgleichsbohrung blockierte , ein extrem fieser und extrem seltener Fehler , den ich so noch nie hatte und hoffentlich nie wieder haben werde .. Dies liegt wohl an einem Kolben im HBZ , der den letzten mm nur manchmal und nicht immer zurückgeht ...
Was passiert normalerweise , wenn die Ausgleichsbohrung zwar durch den Kolben nicht verschlossen , aber schlichtweg zugegammelt ist ?
Auch in diesem Fall hat man ein geschlossenes System , wie bei einem nicht ganz zurück gefahrenen Kolben im HBZ . Der Unterschied besteht aber darin , dass bei intaktem Kolben und zugegammelter Ausgleichsbohrung der Kolben sowit zurück geht , dass der Kolben im Bremssattel MINIMAL mehr zurück gesaugt wird als bei einem Defekt . Hierbei kommt es NICHT zu einer Überhitzung der Flüssigkeit im normalen Fahrbetrieb ( also nicht beim Runterfahren von Alpenpässen

Das Gegenteil passiert : Die Beläge werden durch Bremsen normal verschlissen , der Kolben im Bremssattel muss also mit der Zeit mehr ausfahren , um den dünner gewordenen Belag wieder anzudrücken .
Aber es kann keine Flüssigkeit nachfließen , da die Ausgleichsbohrung zugegammelt ist . Der Bremshebelweg wird größer und größer , irgendwann reicht er nicht mehr aus , um den Belag zu drücken und die Bremse bremst nicht mehr .
Dieen Defekt erkennt man auch daran , dass beim Entlüften zwar Flüssigkeit austritt , aber genauso wieder eingesaugt wird . Schließt man bei betätigter Bremse jetzt den Entlüfter , saugt sich der Kolben im Bremssattel noch weiter zurück , wenn man den Bremshebel los lässt . Entlüften via Unterdruckgerät geht nicht , weil oben nichts nachfließen kann .
Abhilfe schafft hier , wenn man Glück hat , eine kleine Nadel , mit dem man die Bohrung wieder frei popelt , aber das klappt nicht immer , meistens ist auch in diesem Fall der HBZ zu erneuern .
Man sieht : Hydraulik mag zwar im Prinzip simpel und einfach sein , aber manchmal liegt es an einem Haarspalt und die ganze Anlage funktioniert nicht ... oder noch fieser : Manchmal geht's und manchmal nicht ...
Wobei ich zugeben muss : Das langsam Nachfließen beim Entüften mit Unterdruck hätte mich mehr alarmieren sollen ... Man lernt nie aus ...
MeisterZIP