Von „Zerberus” und „Hot Ass Chica”
Verfasst: 08.05.2014, 14:19
Von „Zerberus” und „Hot Ass Chica” …
… oder den nahezu unbegrenzten Möglichkeiten des World Wide Web.
Unglaublich, wie man sich in den letzten zehn Jahren an die nahezu tägliche Nutzung des Internets gewöhnt hat. Sei es, um nach Informationen oder Pics zu googeln, schnell Nachrichten zu versenden oder E-Mails zu checken, online einzukaufen oder auch nur, um mit (zumindest meist) Gleichgesinnten auf einer Webplattform in einem Forum Gedanken, Ideen oder einfach Blödsinn miteinander auszutauschen. Gerade Letzteres führt einem ziemlich drastisch die Vor- und Nachteile dieser zumeist doch recht anonymen Kommunikationsform vor Augen. Das beginnt beim Nickname, den ja jeder User ziemlich frei für sich wählen kann. Besonders beliebt gerade in der virtuellen Bikerszene sind recht martialische Benutzernamen, die dem Gegenüber (manchmal auch verbunden mit einem gedanklichen Augenzwinkern und der gehörigen Portion Ironie) sagen sollen: „Wow, mach bloß keinen Scheiß mit mir – ich bin einer von den ganz Harten“. Oder welche Assoziation habt Ihr beim Namen „Zerberus“? Richtig - der bösartige, mehrköpfige Höllenhund, der der Sage nach den Eingang der Unterwelt bewacht. Und wie stellt Ihr Euch einen Biker vor, der sich selbst einen solchen Nickname verpasst? Genau: Mindestens 2 Meter groß, ein Muskelpaket das für Anabolika - Werbung stehen könnte. Brutale Gesichtszüge, die stahlblauen Augen zu hart blickenden Sehschlitzen verengt. Entschlossen. Aggressiv. Zu allem bereit.
Nach den ersten Dutzend Postings im Internetforum beginnt dieses Bild schon ein bisschen zu bröckeln. Zumindest hat unser Höllenwächter ganz offensichtlich eine recht deutlich ausgeprägte latente Ortografie- und Grammatikschwäche. Und ganz so entschlossen scheint er ja wohl auch nicht zu sein, wenn er sich mit seinen Postings immer mit dem Mainstream bewegt und schon bei leichtem Gegenwind sein Fähnchen neu ausrichtet. Okay, muss alles nicht wirklich viel heißen. Noch immer kann er in der Realität wirklich Hardcore sein. Aber dann – irgendwann triffst Du ihn, den Zerberus! Ganz real, live. Du erwartest, dass sich die Sonne auf dem Partyplatz ob seiner hühnenhaften Gestalt verdunkelt. Plötzlich spürst Du ein sanftes Patschehändchen auf der Schulter und ein Buchhaltertyp mit randloser Brille und schütterem Haar sagt mit hohem Fistelstimmchen: „Grüß Dich – ich bin’s, der Zerberus". Seine Ärmchen dünner als der Fatstyle-Lenker Deiner Harley, das T-Shirt Größe XS scheint ihm noch immer deutlich zu groß zu sein und sein Blick ein wenig unstet-unsicher. Aber wie sich im Laufe eines lustigen Abends herausstellt durchaus ein netter, interessanter Gesprächspartner. Nur warum um alles in der Welt nennt der sich „Zerberus“ und nicht „Harry Potter 2“?
Auch ein Zerberus im "Real Life"...?
Ähnliches bei den weiblichen Usern nicht ungewöhnlich: Da wird ein Avatarbildchen beigefügt, welches Dir schon beim bloßen Betrachten das Blut aus dem Hirn in weiter südlich gelegene Körperregionen strömen lässt. Was ein Hammer diese Alte. Der fleischgewordene Traum eines jeden Mannes „Hot Ass Chica“ – dieses Bikerluder kennenlernen und dann sterben. Auch hier dann irgendwann die brutale Desillusionierung: Im real life heißt sie Renate, war vor 20 Jahren bestimmt auch mal eine ganz Ansehnliche, gewiß jedoch nie ein echter Netzhaut-Burner. Vom granatenmäßigen Arsch ist ziemlich offensichtlich nach endlosen Ritten auf ihrer Virago leider nicht wirklich viel geblieben. Aber ‚ne ganz Kluge ist sie, die „Hot Ass Chica“. Sogar studiert, 3 Kinder allein aufgezogen und bei Wind und Wetter unterwegs zu den Bikerparties. Ja, das WWW gibt Jedem die Möglichkeit, sich zumindest eine zeitlang eine völlig andere, virtuelle Identität zuzulegen. Ein bisschen von dem zu haben oder zu sein, was einem im realen Leben versagt geblieben ist. Mach einer lehnt sich im vermeintlichen Schutz der Anonymität des Internets ein bisschen weiter aus dem Fenster, als er das wohl beim offenen Abend des regionalen MCs in dessen Clubhaus täte. Manch einer stellt sich etwas interessanter, erfolgreicher, begehrlicher und intelligenter dar, als es sein reales Umfeld tatsächlich empfindet. Aber irgendwie ist das sogar legitim. Und hinter all den wohlklingenden, phantasievollen Nicknames verbergen sich Menschen. Nicht immer solche, die man in Assoziation zu ihrem Pseudonym erwartet. Aber doch oft überaus interessante Charaktere, die man ohne das Internet nie getroffen hätte. Und manchmal sollen auf diese Art sogar Freundschaften entstehen, die stark genug sind ein ganzes Leben zu halten …
… oder den nahezu unbegrenzten Möglichkeiten des World Wide Web.
Unglaublich, wie man sich in den letzten zehn Jahren an die nahezu tägliche Nutzung des Internets gewöhnt hat. Sei es, um nach Informationen oder Pics zu googeln, schnell Nachrichten zu versenden oder E-Mails zu checken, online einzukaufen oder auch nur, um mit (zumindest meist) Gleichgesinnten auf einer Webplattform in einem Forum Gedanken, Ideen oder einfach Blödsinn miteinander auszutauschen. Gerade Letzteres führt einem ziemlich drastisch die Vor- und Nachteile dieser zumeist doch recht anonymen Kommunikationsform vor Augen. Das beginnt beim Nickname, den ja jeder User ziemlich frei für sich wählen kann. Besonders beliebt gerade in der virtuellen Bikerszene sind recht martialische Benutzernamen, die dem Gegenüber (manchmal auch verbunden mit einem gedanklichen Augenzwinkern und der gehörigen Portion Ironie) sagen sollen: „Wow, mach bloß keinen Scheiß mit mir – ich bin einer von den ganz Harten“. Oder welche Assoziation habt Ihr beim Namen „Zerberus“? Richtig - der bösartige, mehrköpfige Höllenhund, der der Sage nach den Eingang der Unterwelt bewacht. Und wie stellt Ihr Euch einen Biker vor, der sich selbst einen solchen Nickname verpasst? Genau: Mindestens 2 Meter groß, ein Muskelpaket das für Anabolika - Werbung stehen könnte. Brutale Gesichtszüge, die stahlblauen Augen zu hart blickenden Sehschlitzen verengt. Entschlossen. Aggressiv. Zu allem bereit.
Nach den ersten Dutzend Postings im Internetforum beginnt dieses Bild schon ein bisschen zu bröckeln. Zumindest hat unser Höllenwächter ganz offensichtlich eine recht deutlich ausgeprägte latente Ortografie- und Grammatikschwäche. Und ganz so entschlossen scheint er ja wohl auch nicht zu sein, wenn er sich mit seinen Postings immer mit dem Mainstream bewegt und schon bei leichtem Gegenwind sein Fähnchen neu ausrichtet. Okay, muss alles nicht wirklich viel heißen. Noch immer kann er in der Realität wirklich Hardcore sein. Aber dann – irgendwann triffst Du ihn, den Zerberus! Ganz real, live. Du erwartest, dass sich die Sonne auf dem Partyplatz ob seiner hühnenhaften Gestalt verdunkelt. Plötzlich spürst Du ein sanftes Patschehändchen auf der Schulter und ein Buchhaltertyp mit randloser Brille und schütterem Haar sagt mit hohem Fistelstimmchen: „Grüß Dich – ich bin’s, der Zerberus". Seine Ärmchen dünner als der Fatstyle-Lenker Deiner Harley, das T-Shirt Größe XS scheint ihm noch immer deutlich zu groß zu sein und sein Blick ein wenig unstet-unsicher. Aber wie sich im Laufe eines lustigen Abends herausstellt durchaus ein netter, interessanter Gesprächspartner. Nur warum um alles in der Welt nennt der sich „Zerberus“ und nicht „Harry Potter 2“?
Auch ein Zerberus im "Real Life"...?
Ähnliches bei den weiblichen Usern nicht ungewöhnlich: Da wird ein Avatarbildchen beigefügt, welches Dir schon beim bloßen Betrachten das Blut aus dem Hirn in weiter südlich gelegene Körperregionen strömen lässt. Was ein Hammer diese Alte. Der fleischgewordene Traum eines jeden Mannes „Hot Ass Chica“ – dieses Bikerluder kennenlernen und dann sterben. Auch hier dann irgendwann die brutale Desillusionierung: Im real life heißt sie Renate, war vor 20 Jahren bestimmt auch mal eine ganz Ansehnliche, gewiß jedoch nie ein echter Netzhaut-Burner. Vom granatenmäßigen Arsch ist ziemlich offensichtlich nach endlosen Ritten auf ihrer Virago leider nicht wirklich viel geblieben. Aber ‚ne ganz Kluge ist sie, die „Hot Ass Chica“. Sogar studiert, 3 Kinder allein aufgezogen und bei Wind und Wetter unterwegs zu den Bikerparties. Ja, das WWW gibt Jedem die Möglichkeit, sich zumindest eine zeitlang eine völlig andere, virtuelle Identität zuzulegen. Ein bisschen von dem zu haben oder zu sein, was einem im realen Leben versagt geblieben ist. Mach einer lehnt sich im vermeintlichen Schutz der Anonymität des Internets ein bisschen weiter aus dem Fenster, als er das wohl beim offenen Abend des regionalen MCs in dessen Clubhaus täte. Manch einer stellt sich etwas interessanter, erfolgreicher, begehrlicher und intelligenter dar, als es sein reales Umfeld tatsächlich empfindet. Aber irgendwie ist das sogar legitim. Und hinter all den wohlklingenden, phantasievollen Nicknames verbergen sich Menschen. Nicht immer solche, die man in Assoziation zu ihrem Pseudonym erwartet. Aber doch oft überaus interessante Charaktere, die man ohne das Internet nie getroffen hätte. Und manchmal sollen auf diese Art sogar Freundschaften entstehen, die stark genug sind ein ganzes Leben zu halten …